05.07.2019

Coliforme Bakterien: SVS mit Hochdruck an der Ursachenforschung

Ein neues, verfeinertes und aufwändiges Verfahren soll die Ursache der Bakterien im Trinkwassernetz aufdecken.

Zwei Jahre sind nun vergangen, seit zum ersten Mal bei Routinekontrollen coliforme Bakterien im Trinkwassernetz von VS-Schwenningen aufgetreten sind. Umgehend hatte die SVS in jenem August 2017 das unabhängige Technologiezentrum Wasser (TZW) Karlsruhe mit der Ursachenforschung beauftragt. Seither arbeitet die SVS eng mit TZW und Gesundheitsamt zusammen. Einen Durchbruch können die Wasser-Spezialisten bislang zwar nicht vermelden, aber die Untersuchungen laufen nach wie vor auf Hochtouren. SVS-Geschäftsführer Ulrich Köngeter erklärt die derzeitige Situation: „Wir haben seit August 2017 intensive Ursachenforschung betrieben und sämtliche Ansätze des TZW umgesetzt.“

Intensive Analyse des Trinkwassernetzes

Konkret bedeutet das: In zahlreichen Treffen und Begehungen haben die Experten das Wassernetz einschließlich der hydraulisch relevanten Armaturen sowie die technischen Anlagen zur Wasseraufbereitung begutachtet und analysiert. Außerdem wurde in den vergangenen zwei Jahren das Verfahren zur Wasserprobenahme stetig weiter optimiert. Die Mindestanzahl der Probenahmestellen wird durch die Vorgabe der Trinkwasserverordnung geregelt. Für das gesamte Versorgungsnetz sind das 86 Entnahmen pro Jahr.

Neue, verfeinerte Methode der Probenahme

Die SVS hat bereits nach dem ersten Auftreten der coliformen Bakterien im August 2017 das Messstellennetz verdichtet und die Taktung der Probenahmen erhöht – über die Anforderungen der Trinkwasserverordnung hinaus. Nachdem auch im August 2018 die Indikatorbakterien im Schwenninger Trinkwassernetz auftraten, wurde die Methodik der Probenahme – in Absprache mit dem TZW und Gesundheitsamt – im betroffenen Gebiet verändert: „Im Gegensatz zu den Routineproben wurde ab Dezember 2018 monatlich die 20-fache Wassermenge, also zwei Liter pro Probe und pro Probenahmestelle, entnommen“, erläutert Ulrich Köngeter. „Denn je größer die Wassermenge, die bei einer Probe entnommen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, coliforme Bakterien zu finden.“

Nachdem diese Methodik bis April dieses Jahres auch ohne Befund blieb, wurde das so genannte Anreicherungsverfahren – eine weitere Steigerung – angewendet. Dabei handelt es sich um eine Sonderbeprobung, für die unsere bereits sehr gut ausgebildeten Mitarbeiter der SVS nochmals eigens geschult werden mussten. Pro Probenahmestelle werden mit diesem Verfahren 100 Liter Wasser analysiert. Das Wasser wird über einen Filter geleitet, welcher beprobt wird. Diese Filter wurden und werden per Kurier zum TZW nach Karlsruhe gebracht und dort auf die Parameter coliforme Bakterien, E. coli und Enterokokken überprüft, was mindestens zwei Tage in Anspruch nimmt.

Das Verfahren ist zum einen sehr zeitaufwendig, zum anderen steckt ein enormer Aufwand dahinter, da auch die Gerätschaften zur Probenahme vom TZW gestellt werden. Bakterien wurden auch bei dieser Methodik keine gefunden. Ulrich Köngeter betont: „Wir können aktuell keine coliformen Bakterien im Wassernetz nachweisen.“ Die SVS nehme aber nach wie vor 100-Liter-Proben. Dieses Verfahren wird auch über die Sommerferien bei erhöhten Außentemperaturen weiter fortgeführt, so dass das Wassernetz so engmaschig wie möglich überprüft werden kann.

Zusammenhang mit hochsommerlichen Temperaturen möglich

Martin Hauger, Sachgebietsleiter Netz Betrieb bei der SVS, erklärt die Hypothese: „Wir können einen Zusammenhang zwischen den hochsommerlichen Außentemperaturen, der Vermehrung der coliformen Bakterien im warmen Milieu sowie dem veränderten Abnahmeverhalten in den Ferienzeiten nicht ausschließen. Die Ursache für das Auftreten der Indikatorbakterien konnte aber bis heute nicht geklärt werden.“ Die Wasserleitungen liegen in der frostsicheren Tiefe von rund 1,50 Metern im Erdreich. Bis die hochsommerlichen Außentemperaturen in dieser Tiefe angelangt sind, dauert es eine gewisse Zeit. Das Maximum wird erfahrungsgemäß in den Hochsommermonaten erreicht, daher wird die SVS das Anreicherungsverfahren auch zu dieser Zeit anwenden.

Coliforme Bakterien nicht nur in VS ein Problem

Martin Hauger informiert: „Wir stehen über Fachverbände mit vielen Wasserversorgern in ganz Deutschland in Kontakt. Diese teilen unsere Theorie und machen dieselben Erfahrungen.“

Wassernetz - ein sehr komplexes Gebilde

Warum ist es so schwierig im Wassernetz den Ursprung des Bakterienauftretens ausfindig zu machen? Die Antwort darauf gibt Mohamed Zouitine, Leiter Netze bei der SVS: „Ein Trinkwassernetz ist ein hochkomplexes Gebilde mit verbrauchsabhängig unterschiedlichen und wechselnden hydraulischen Netzzuständen. Diesem gilt es sich, in akribischer Feinarbeit zu nähern und dessen Funktionsweise Schritt für Schritt zu analysieren.“

SVS unternimmt alles Menschenmögliche, um die Ursache ausfindig zu machen

Abschließend betont Ulrich Köngeter: „Die Bevölkerung von Villingen-Schwenningen kann sich auf uns verlassen. Wir unternehmen alles Menschenmögliche, um den Bakterien auf die Spur zu kommen.“ Er ergänzt: „Auch wenn wir noch kein Ergebnis verkünden können: Unser hochspezialisiertes und sehr erfahrenes Team von der SVS arbeitet gemeinsam mit den renommierten Experten des TZW und dem Gesundheitsamt mit Hochdruck an der Ursachenforschung.“

Info: Coliforme Bakterien sind keine Krankheitserreger, sondern um so genannte Indikatorbakterien, die auf Veränderungen oder Störungen innerhalb der Schutzmechanismen im Versorgungssystem hinweisen.
 

Hintergrund: Im August 2017 wurden bei Routinebeprobungen coliforme Bakterien im Schwenninger Trinkwassernetz entdeckt. Daraufhin erließ das Gesundheitsamt ein Abkochgebot und ordnete die Desinfektion des Wassers mit Chlor an. Davon betroffen waren 25.000 Haushalte – das größte je in Baden-Württemberg ausgesprochene Abkochgebot. Die Chlorung wurde aus nachfolgenden Gründen abgesetzt: Da der SVS unter Einsatz von Chlor keine Chance geblieben wäre, die Ursache ausfindig zu machen, aufgrund des Minimierungsgebots (so viele  Zusatzstoffe ins Trinkwasser zu geben wie nötig und so wenige wie möglich) sowie der Beschwerden über Chlorgeruch von Seiten der Bevölkerung, setzte die SVS die Trinkwasserchlorung in Abstimmung mit dem TZW und dem Gesundheitsamt ab. Trotzdem konnte die Ursache nicht lokalisiert werden. Im August 2018 traten ebenfalls coliforme Bakterien im Schwenninger Trinkwassernetz auf, diesmal ordnete das Gesundheitsamt jedoch kein Abkochgebot, sondern ausschließlich eine Trinkwasserchlorung an. Aufgrund der genannten Gründe wurde diese jedoch wieder abgesetzt.