24.05.2024

Großer Schritt für das gemeinsame Ziel Klimaneutralität

SVS-Geschäftsführer Gregor Gülpen und Andreas Spiegelhalter, SVS-Projektleiter des Solarparks Bertholdshöfe, beantworten im Interview die wichtigsten Fragen zum Projekt.

Der Solarpark an den Bertoldshöfen wurde in den vergangenen Tagen kontrovers diskutiert. Können Sie die Vorbehalte der IG Bertholdshöfe nachvollziehen?

Gregor Gülpen: „Ich kann die Vorbehalte gegenüber dem Solarpark im Zentralbereich verstehen, schließlich leben die Anwohner dort seit Jahrzehnten in einer weiträumigen, unverbauten Landschaft. Als SVS und damit als Energieversorger aus Villingen-Schwenningen haben wir vor geraumer Zeit mit der Kampagne #AufzurGrünenNull begonnen. Den konsequenten Ausbau von Erzeugungsanlagen, von Nahwärme, Geothermie und vielen weiteren Dingen, die auf das Ziel der Klimaneutralität in Villingen-Schwenningen einzahlen, nehmen wir sehr ernst und die Rückmeldungen von Bürgern sowie Politikern bestätigen uns darin. Uns liegt die Doppelstadt am Herzen und wir nehmen unseren Weg der Grünen Null sehr ernst, wollen etwas bewegen und vorantreiben. Daher sehen wir die IG Bertholdshöfe auch nicht als Gegner, vielmehr wollen wir weiter in den Dialog treten, um gemeinschaftlich die beste Lösung für Villingen-Schwenningen zu finden. Das muss das erklärte Ziel sein und nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, gelangen wir letztlich ans Ziel.“

Wäre der konsequente Ausbau von PV-Anlagen auf städtischen Dächern eine mögliche Alternative?

Andreas Spiegelhalter: „Die Stadt und die Stadtwerke Villingen-Schwenningen GmbH haben in den vergangenen Jahren bereits geeignete Dachflächen mit einer Erzeugungsleistung von rund 300 kWp pro Jahr installiert. Neben Schulen und Kindergarten in Villingen-Schwenningen und den angeschlossenen Ortschaften, wurden Anlagen auf dem Gebäude der TDVS und der Neckarhalle erfolgreich angebracht. Dies geht aus einem Gemeinderatsbeschluss hervor, 2019 hat dieser gar den Klimanotstand und den Beitritt zum Klimaschutzpakt des Landes Baden-Württemberg beschlossen. Hier wurde also bereits begonnen, Dächer von städtischen Gebäuden mit PV-Anlagen zu belegen. Zusammengenommen konnten so innerhalb kurzer Zeit Anlagen in einer Größenordnung von rund 500 kWp realisiert werden. Und der Ausbauplan diesbezüglich sieht vor, dass wir jährlich 300 kWp auf weiteren geeigneten Dachflächen installieren. 2024 werden wir weitere sieben Dächer mit insgesamt 310 kWp belegen. Das ist sicherlich eine gute Sache, wird aber sachlich betrachtet bei Weitem nicht reichen, wenn wir unser gemeinsames Ziel der Klimaneutralität erreichen möchten.“

Ist der Solarpark also alternativlos?

Andreas Spiegelhalter: „Wir haben uns eingehend mit Alternativen beschäftigt. Stichwort PV-Anlagen auf städtischen Dächern. Wir sind hier schon auf einem guten Weg, müssten theoretisch 900 Dächer von städtischen Gebäuden belegen, um auf die Strommenge zu kommen, die wir mit dem geplanten Solarpark erzeugen. Diese Zahl ist rein theoretisch zu betrachten, da diese Anzahl de facto nicht zur Verfügung steht. Auch die Investitionen würden sich verdoppeln. Beim Solarpark sprechen wir von Investitionen in Höhe von rund 25 Millionen Euro, bei den PV-Anlagen auf städtischen Dächern würden die Investitionen auf 50 Millionen ansteigen. Eine weitere theoretische Möglichkeit wäre die Überdachung von Parkplätzen und Stellplätzen, die anschließend mit PV-Anlagen ausgestattet werden würden. Hier würden wir bei einem Volumen von über 100 Millionen Euro liegen und rund 10.800 Parkplätze benötigen.“

Wie sieht es in punkto Wirtschaftlichkeit aus?

Gregor Gülpen: „Der geplante Solarpark dient sicherlich nicht der Gewinnmaximierung der SVS und des beteiligten Investors. Vielmehr dient der Solarpark dazu, einen großen Schritt Richtung Klimaneutralität zu machen, die regionale Erzeugung in Villingen-Schwenningen deutlich auszubauen. Wir wollen als SVS gemeinsam mit einer Tochter unseres Mitgesellschafters THÜGA AG investieren und damit in die Zukunft unserer Stadt. Für uns ist das ein absolut richtiges und wichtiges Projekt. Die beiden anderen Alternativen – und das sei an der Stelle noch einmal erwähnt – sind rein theoretischer Natur, weil wir im Stadtgebiet keine 10.800 geeigneten Parkplätze haben, die wir mit PV-Anlagen ausstatten können. Aber, um auf Ihre Frage zurückzukommen: rein wirtschaftlich gesehen, würden die Alternativen mit städtischen Dächern und Parkplätzen nicht darstellbar sein bzw. desaströs würde. Ein überdachter PV-Parkplatz kostet das 4-fache als eine PV-Freifläche“

Kritisch gesehen wurde die Vorgehensweise der SVS bei den Gesprächen mit den Eigentümern. Ist die Kritik berechtigt?

Gregor Gülpen: „Wichtig war uns, dass wir mit allen Beteiligten in den Dialog treten. Insgesamt gibt es 21 Eigentümer in diesem Bereich, die von uns kontaktiert wurden. Mit über der Hälfte wurden im Nachgang auch persönliche Gespräche geführt, damit die Eigentümer über den aktuellen Stand aus erster Hand informiert werden. Dies war uns in diesem frühen Stadium, in dem wir uns befinden, überaus wichtig. Aus diesen Gesprächen haben einige Eigentümer ihre prinzipielle Bereitschaft schriftlich erklärt, es wurden aber noch keine Verträge final unterschrieben. Ein großer Teil der in Frage kommenden Fläche von rund 30 Hektar ist im städtischen Eigentum. Als SVS haben wir immer offen kommuniziert und wollten mit allen Eigentümern direkt sprechen, um auch allen die gleichen Informationen zukommen zu lassen. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang noch einmal: Wir sprechen über ein Pachtmodell mit den Eigentümern. Eine Enteignung oder ein Kauf kann hier ausgeschlossen werden. Beim Pachtmodell werden pro Hektar und Jahr bis zu 3.500 Euro bezahlt, was durchaus lukrativ ist.“

Wie groß wird der Solarpark, von welcher Fläche gehen Sie derzeit aus?

Andreas Spiegelhalter: „Ursprünglich wurde hier ein Suchraum mit einer potentiellen Fläche für 70 MWp in Betracht gezogen. Die Brut- und Vogelschutzgebiete wurden berücksichtigt und entsprechende Ausgleichsflächen für den Artenschutz ermöglicht. Unterm Strich gehen unsere derzeitigen Planungen von einer Gesamtfläche von rund 30 Hektar aus, was einer Fläche von rund 42 Fußballfeldern entspricht. Uns ist völlig bewusst, dass dies eine riesige Fläche ist und das Landschaftsbild im Bereich der Bertholdshöfe in den kommenden Jahren verändern wird. Wenn wir den Blick in die Zukunft richten und unser Ziel der Klimaneutralität nicht aus den Augen verlieren möchten, so braucht es in unserer Stadt auch eine PV-Freifläche in dieser Größenordnung. Betrachtet man die gesamte Fläche in diesem Bereich, so sprechen wir über rund 200 Hektar Naherholungsgebiet, rechnet man die Fläche zwischen dem Waldgebiet Richtung Zollhäusle, sowie der angrenzenden Bundesstraße  bis hin zum Kopsbühl hinzu. Der Solarpark macht hier rund 15 Prozent der Gesamtfläche aus, 85 Prozent der Fläche können hier erhalten bleiben.“